Kinderschutzbund steht vor dem Aus

Kinderschutzbund steht vor dem Aus

Der Deutsche Kinderschutzbund Kreisverband Zwickau steht vor dem Aus

Pressemitteilung
Zwickau, 18. Januar 2020


Kinderschutzbund Zwickau droht nach 28 Jahren das Aus

Laut einer aktuellen Beschlussvorlage im Kreistag droht dem Kinder- und Jugendtelefon des Zwickauer Kinderschutzbundes der Wegfall der Förderung durch den Landkreis Zwickau. Diese finanzielle Lücke von ca. 45.000 Euro würde den Kinderschutzbund in eine finanzielle Schieflage bringen und die Abwicklung von Hilfsangeboten, Räumlichkeiten und Mitarbeitern in Gang setzen.


Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises Zwickau stimmt in seiner Sitzung am 29. Januar 2020 über die Förderung der Träger der freien Jugendhilfe im Jahr 2020 im Leistungsbereich § 14 SGB VIII ab, wie aus der öffentlichen Beschlussvorlage BV/107/2020 hervor geht. Wird diese Vorlage beschlossen, droht dem Deutschen Kinderschutzbund Kreisverband Zwickau e.V. nach 25 Jahren Förderung plötzlich der Wegfall eben dieser Förderung des Kinder- und Jugendtelefons und damit auch der Verlust der Existenzgrundlage des Vereins.

Bereits kurz nach dem Beschluss des Haushaltes im Kreistag Zwickau am 11. Dezember 2019 kündigte Landrat Dr. Christoph Scheurer an, dass die mehrheitlich abgelehnte Erhöhung der Kreisumlage „tiefgreifende Einschnitte nach sich ziehen“ würde (Freie Presse vom 12.12.2019). „Von diesen Einschnitten ist nun auch die Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis betroffen“, äußert sich Sebastian Dietzsch, Vorsitzender des Zwickauer Kinderschutzbundes. „Wir wehren uns mit allen Mitteln gegen diesen Beschluss, der nach 25 Jahren das Ende des Kinderschutzbundes im Landkreis Zwickau einleiten würde und außerdem noch sachlich falsche Behauptungen enthält.“

„Das Kinder- und Jugendtelefon ist das grundlegendste Projekt des Zwickauer Kinderschutzbundes“, meint Sandra Becker, eine der beiden leitenden Koordinatorin des Vereins. „Kinder und Jugendliche können sich mit allen Fragen, Sorgen und Problemen an die Berater an den Telefonen wenden. Momentan nehmen 15 ehrenamtliche und intensiv geschulte Berater die Anrufe entgegen und versuchen bei jedem Anliegen Unterstützung zu geben oder auf regionale Hilfsangebote zu verweisen. Und das alles völlig anonym und kostenfrei“, erläutert Becker. „Wenn sonst niemand da ist, wenn niemand zuhört oder wenn die Worte und der Mut fehlen, dann sind die Berater am Telefon da und helfen den Kindern und Jugendlichen.“

Im Jahr 2019 wurden knapp 900 telefonische Beratungen von sieben Ehrenamtlichen durchgeführt. Und da im aktuellen Jahr die Beratungszeiten durch 15 Berater sogar vollständig abgedeckt werden können, rechnet der Verband mit über 2.000 Beratungen am Kinder- und Jugendtelefon.

Beim Kinder- und Jugendtelefon handelt es sich nicht um ein deutschlandweites Angebot, sondern um ein Netzwerk. In Sachsen besteht dieses aus sieben Telefonen, gefördert von der kommunalen Ebene und ohne den Einsatz von Bundesmitteln. In immer jüngerem Alter sind Kinder und Jugendliche immer komplexer werdenden Problemlagen ausgesetzt, wie beispielsweise Trennungs- und Scheidungskonflikte, Mobbing im Internet oder auch Opfer häuslicher oder sexueller Gewalt. All diese Problemlagen kommen in der Telefonberatung zur Sprache und die geschulten Ehrenamtlichen vermitteln weiterführende Hilfsangebote in der Region. Diese niedrigschwellige und präventive Hilfe setzt an, bevor eine weitaus teurere Hilfeleistung als Pflichtleistung des Jugendamtes im Landkreis angenommen werden muss.

„In einer Krisensitzung des Vereinsvorstandes am 17. Januar wurde nun die Flucht nach vorn beschlossen“, so Dietzsch weiter. Der Verein ist an alle Mitglieder des Jugendhilfeausschusses sowie die Fraktionen herangetreten, um auf die negativen Folgen dieser Beschlussvorlage aufmerksam zu machen.

Weiterhin hat der Kinderschutzbund Zwickau eine Online-Petition gestartet, um öffentlich darauf aufmerksam zu machen, dass die Umsetzung dieser Beschlussvorlage nicht nur die Streichung eines Hilfsangebotes für Kinder- und Jugendliche bedeutet, sondern auch das Aus für den gesamten Verein einleitet. Zur Petition: openpetition.de/!qngdb

Begründung zum Erhalt des Kinder- und Jugendtelefons (in Stichpunkten):

-  Der Landkreis Zwickau zieht nach über 25 Jahren die Finanzierung zurück
•    Das Kinder- und Jugendtelefon wird seit 1995 vom Landkreis im Rahmen der Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen im Bereich der freien Jugendhilfe §§ 11 – 14 SGB VIII gefördert.

- Die Begründung vom Landratsamt ist nicht sachgerecht  
  • Der Kinderschutzbund Zwickau ist eigenständig für die Finanzierung des „Kinder- und Jugendtelefons“ verantwortlich.
  • Die Telekom fördert nicht finanziell das Kinder- und Jugendtelefon Zwickau, sondern ermöglicht, dass die Kinder- und Jugendlichen kostenlos über die Nummer eine Beratung erhalten. In diesem Sinne fördert die Telekom Zwickau Kinder und Jugendliche. 
  • Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finanziert NICHT das Kinder- und Jugendtelefon Zwickau. 
  • Das Argument, dass das Angebot dennoch Kindern und Jugendlichen zur Verfügung steht, weil es ein bundesweites Angebot ist, ist nur möglich, weil andere Standorte von ihren bspw. Landkreisen gefördert werden. Würde jeder Landkreis dementsprechend entscheiden, würde es das Angebot des Kinder- und Jugendtelefons NICHT geben. Durch einen so großen Verbund über die Nummer gegen Kummer e.V. sind bundeseinheitlichen Qualitätsstandards entstanden. Die Anrufe werden zuerst aus der Region an den Standorten geleitet, daher ist es eben kein überregionales Angebot. Die ehrenamtlichen Berater des Kinderschutzbundes Zwickaus kennen die Hilfsangebote vor Ort und können somit entsprechend der Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen beraten.
  • Die Kinder und Jugendlichen im Landkreis Zwickau hätten keine Berater mehr, die direkt aus deren Umfeld kommen und sich in der Region mit Hilfsangeboten auskennen. 
-    Im Jahr 2019 wurden 2448 Anrufe (davon 879 Beratungen) entgegengenommen, da wir erst im Jahr 2020 wieder vollbesetzt die Beratungszeiten abdecken können, gehen wir davon aus, dass es doppelt so viele Anrufe sein werden.
-    Es gibt keine Alternative für Kinder und Jugendlich und kein vergleichbares Angebot (nach dem Kinder- und Jugendschutz nach §14 des SGBVII)
-    Benötigt werden ca. 45.000€, mit dem Verlust des Geldes kann weder der Verein des Kinderschutzbundes in Zwickau bestehen, noch das Elterntelefon.
-    Der Landkreis Zwickau hätte damit keinen Kinderschutzbund mehr. 
-    Komplette Ehrenamtsstruktur des Vereins würde wegbrechen, ehrenamtliche Telefonberater, die eine mehrmonatige Ausbildung absolviert haben könnten sich nicht mehr engagieren.
-    Die erworbenen Fachkenntnisse der Ehrenamtlichen im Kinder- und Jugendtelefon sowie die des ehrenamtlich agierenden Vorstandes kommen neben dem Kinder- und Jugendtelefon ebenso dessen Umfeld zu gute. Auch im Alltag sind die Ehrenamtlichen ein Gewinn für unsere Gesellschaft, da sie Nöte und Sorgen erkennen und wissen wie Sie darauf reagieren können.
-    Das Ehrenamt beim Kinderschutzbund trägt wesentlich zur Präventionsarbeit bei. 
-    Die Anzahl von Jugendlichen in Jugendzentren nimmt bedauerlicherweise ab, desto wichtiger ist es das wir als anonymes und kostenloses Beratungstelefon zur Verfügung stehen und Ansprechpartner sind.
-    „Wenn jeder Landkreis so denken und handeln würde, dann gibt es das Angebot nicht.“
-    Mit der Statistik über die Themen am Kinder- und Jugendtelefon können die Angebote des Landkreises Zwickau bedarfsspezifisch ausgerichtet werden.
-    der Deutsche Kinderschutzbund Kreisverband Zwickau e.V. setzt sich schon seit 1992 für die Rechte von Kindern, Jugendlichen sowie Eltern ein und unterstützt diese mit seinen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern in schwierigen Lebenssituationen.
-    Wir kämpfen gegen Gewalt gegenüber Kindern, gegen Kinderarmut und für mehr Kinderrechte. Der Kinderschutzbund in Zwickau betreut schwerpunktmäßig das Kinder- und Jugendtelefon sowie das Elterntelefon. Wir möchten Kindern, Jugendlichen, Müttern und Vätern Gesprächspartner sein, wenn andere fehlen. Durch unsere anonyme Telefonberatung ist es sowohl Kindern als auch Eltern oft erst möglich, sich Hilfe zu holen.
-    Stadt Zwickau entscheidet 2019 für den DKSB und unterstützt finanziell beim Aufbau --> 2020 entscheidet der Landkreis Zwickau (Landrat) gegen den Kinderschutzbund und entzieht die Existenzgrundlage. 

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